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Mary Stuck (1896–1961)
Sie wurde am 9. April 1896 als Tochter von Anna Maria Brandmair und Franz von Stuck (1863 –1928) in München geboren. Stuck ging jedoch nicht die Ehe mit der Kindsmutter ein, sondern heiratete 1897 die verwitwete US-Amerikanerin Mary Lindpainter, geb. Hoose (1865 –1929). Da das Paar kinderlos blieb, setzte sie sich mit großem Engagement für die Adoption der unehelichen Tochter Franziska Anna-Marie Louise ein, zumal ihre leibliche Mutter sie mit fünf Jahren in das Institut der Englischen Fräulein in Berg am Laim1 gegeben hatte. Nach einem längeren Rechtsstreit und mit dem Segen des Prinzregenten kam die Adoption schließlich 1904 zustande und das Kind zog in die luxuriöse Villa ein, die sich ihr Vater 1897/98 nach seinen Entwürfen von der Münchner Baufirma Heilmann & Littmann errichten ließ. Mary Stuck, wie sie inzwischen genannt wurde, war sein Lieblingsmodell. In der Zeit bis zu ihrer Eheschließung mit dem Bauunternehmer Albert Heilmann im Jahr 1917 entstand ein umfangreiches Konvolut an Gemälden und Zeichnungen meist nach fotografischen Vorlagen, die sie in verschiedenen Kostümen und inszenierten Posen darstellen.
Eine Serie von sechs Fotografien zeigt sie vor gemalter Waldkulisse als Skirt-Dancer2 im plissierten weißen Kleid, das sie in die Höhe hält und um ihren Körper schwingt, oder zusammen mit Hedda Kaulbach in einem spanischen Tanz. Beide Serien entstanden 1907. Es liegt nahe, dass Mary die »Turn- und Tanzschule von Miß Rice« besuchte, einer Engländerin, die zusammen mit ihrer Schwester Margaret im Kleinen Kaimsaal in der Türkenstrasse auch Kurse in Skirt-Dance gab. Mary entwickelte jedoch keine Ambitionen Tänzerin zu werden. Mit 21 Jahren heiratete sie den zehn Jahre älteren Konsul Albert Heilmann. Aus der Ehe stammen drei Söhne und eine Tochter. Als sie 1928 beschloss, mit ihren Kindern wieder in die Villa ihres Vaters zurückzukehren, starb Franz von Stuck unverhofft, was bei ihr einen Nervenzusammenbruch auslöste. Obwohl sie Alleinerbin war, musste sie die Villa mit ihrem Mann ersteigern, um den Pflichtteil an ihre Stiefmutter Mary Lindpainter auszahlen zu können, die im gleichen Jahr nach schwerer Krankheit starb. Zu einer erneuten Krise führte die Nachricht, dass ihr Sohn Erich von »den eigenen Leuten erschossen worden war, als er zu den anrückenden Amerikanern überlaufen wollte«.3 Die schwer im Zweiten Weltkrieg beschädigte Villa blieb nach Mary Stucks Tod am 5. Juli 1961 im Besitz der Familie. Durch die Initiative des Münchner Architekten Hans-Joachim Ziersch und seiner Frau Amélie wurde das Haus Mitte der 1960er Jahre saniert und als Museum eingerichtet.
1 Die biographischen Angaben folgen Sylvia Eisenberger, Franz von Stuck, der Mensch – und seine Sünden, in: Franz von Stuck – der Maler uns seine Sünde(n)“ von Thomas Raff, Katalog zur Ausstellung, 2003
2 Dabei handelte es sich um einen zunächst in England populär gewordenen Tanz in einem weiten Rock, der am Saum gefasst und um den Körper geschwungen wird
3 Sylvia Eisenberger, S. 27